Snowbird-Treiben

Mittwoch/Donnerstag, 15. – 16. November  2017    Anastasia State Park FL

Hoffentlich wird es nicht noch viel wärmer – wäre es zu kalt, würden wir uns auch genau das Gegenteil wünschen.

Im Übrigen, °Fahrenheit minus 30 durch 2 = °Celsius. (90°F – 30 = 60 ./. 2 = 30°C)

Während der Fahrt von Little Talbot Island, Richtung Süden, nehmen wir die Fähre für $6: „I don’t want to measure your Volkswagen, so it costs only $6 instead of $20“ erklärt uns die nette Ticketverkäuferin.

Der Wind von „Irma“, des letzten Hurrikans, der Florida Anfang Oktober angriff, scheint auf dem Foto unten immer noch an den Palmen zu rütteln.

Wir landen in zunehmendem Gewusel auf den Straßen.
Man, man, man, so viele Protzprodukte auf Rädern kann es doch gar nicht geben…

Offensichtlich aber doch, denn es zeigt sich uns immer wieder aufs neue, welchen Stellenwert „das Auto“ hier besitzt. An ihm richtet sich in USA außerhalb des „home sweet home“ das gesamte Umfeld der Menschen aus.
Es wird uns immer wieder dann bewusst, wenn wir die riesigen versiegelten Flächen für Parkplätze, Kreuzungen, Hwys, Interstates, Drive through-Restaurants, -Apotheken, -Bankschalter, -Autokinos, -Campingplätze usw. erleben und es selbst inzwischen als fast selbstverständlich hinnehmen, dass überall ausreichend Autoabstell- oder -fahrfläche vorgehalten wird.
Ohne diese Räume würde das menschliche Leben, sowieso eng gekoppelt an die alltäglichen Kauf- und Verkaufsbedürfnisse, völlig zum Erliegen kommen.
Nicht zu vergessen, riesige meistens luftballonübersäte Flächen für freie und Dealership-Autoverkaufs- und -reparaturunternehmen, die zusammen mit Verkäufern für Autoteile oder Spezialisten für Wohnmobile, Klimaanlagen, Automatikgetriebe die meilenlangen Ausfallstraßen der Städte besetzen.

Dazu gehören unabdingbar bei vielen dieser allgegenwärtigen Menschenbegleiter das möglichst individuelle blubbernde Brunft-Röhren üppiger Auspuffe, die nachträglich eingebaute erhöhte Bodenfreiheit vieler Trucks durch Riesenfedern und verlängerte Stoßdämpfer, die überdimensionierte Reifenbreite und der in die Augen stechende Leichtmetall-Felgenglanz!
Alles in allem wohl Hingucker und -hörer fürs Wahrgenommenwerdenwollen, nicht der Autos, sondern der BesitzerInnen.

Alles eben ersatzweise eine Nummer größer, länger, breiter, dicker, lauter, glänzender, höher…

In unmittelbarer Nähe von St. Augustin, südlich von Datona Beach, direkt am Strand:

Anastasia State Park, reserviert haben wir die Site Nr. 60 at Loop Sanddollar herrlich gelegen, fest gefahrener Sand mit Firepit und dschungelähnlichem Baum- und Pflanzendurcheinander.

Meine Gedanken lassen sich an diesem Strand in den frühen Morgenstunden bevor wir gleich weiterfahren nur schwer einfangen:
Niveaeingecremte Kindheit in den strandhaferbepflanzten Dünen „nicht betreten“-Spiekeroog ist weit weg hinterlässt riesige Leere-auf einmal viel Wind-im Sand eingebuddelt liegen-heftiger Sonnenbrand-wobinich?-wie komm ich hierhin?-Florida-Atlantik…

Wir lassen das Kennedy Space Center der NASA auf Cap Canaveral als erfahrene Floridafahrer/innen links liegen,

Cocoa Beach mit seinem dickbäuchigen Wasserturm und den Wahnsinnsbrücken übers Inlet.

Vero hat alle gut überstanden…

Was eigentlich nichts anderes heißt als: Achtung. Ihr teilt Euch die Straße nicht nur mit all den anderen Autos, sondern auch noch mit FahrradfahrerInnen, Golfcars, Schildkröten und Fußgängern. Claro!

Während der motorklimaanlagen-unterstützten Fahrt immer weiter gen Süden an der Ostküste entlang, hat die Beifahrerin noch die Muße sich liebevoll um Erinnerungsfotos zu kümmern.

17. November     Sebastian Inlet State Park

werden wir nicht vergessen:
Es sollte so schön werden, der Park ist auf der waterway-Seite, dem Inlet, liegend etwas ganz besonderes -viele Angler-, Boote, Camper und…

wie sich im Nachhinein herausstellt, eine Oase für in der Dämmerung einfallende no-see-ums. Der Name sagt es schon, kaum zu sehende, sandflohartige im Sturzflug in die Waden beißende dunkle Punkte mit Kleinstflügeln, unbeschreiblich juckende und wässernde Hautblasen hinterlassend.

Bis der Haarfön, heißeste Stufe auf die befallenen Stellen gehalten, die Eiweißstrukturen von Viren und Bakterien auflöst, so steht es im Internet, uns wenigstens das Gefühl gibt, es juckt nicht mehr ganz so schlimm. Was nicht heißt, dass es nicht nach einer Woche plötzlich doch wieder anfängt…

Am nächsten Morgen, nichts wie weg hier!

18. – 25. November     Palm Beach Traveler RV Park

Glueck! Denn hier treffen wir Judy und Ed mit dem gleichlautenden Nachnamen wieder.

Dazu andere liebe Bekannte vom Turnier aus Amelia Island… und keine no-see-ums!
Im John Prince Park in West Palm Beach ist einer meiner Lieblings Petanque Courts in USA. Es ist das Zuhause des South Florida Petanque Clubs und ich bezahle nicht nur starting fee für das Wochenendturnier, sondern verdiene auch noch mit einem guten zweiten Platz price money.
Tja, Leistung wird bezahlt! Unterm Strich $5 Reingewinn.

We’ll see you guys. Vielleicht in Europa!
Wir hängen noch ein paar Tage ‚für uns‘ hinten dran: Schwimmen, Petanque mit kanadischen Gästen, Ausruhen, Lesen, Quilten, Schreiben, Chillen…

Jetzt sind wir unterwegs Richtung Shell Creek RV Resort & Marina, Punta Gorda FL an der Westküste.

Ungefähr 250 Kilometer  platte Landschaft. Dieses Florida ist innendrin, abseits der Küsten viel Zuckerrohr, Sojabohnen und anderes Gemüse oder wenn gerade nichts wächst, künstlich abgebrannte Erde.
In jedem Fall nach mehr als einer Woche ‚Abhängen‘ eine schöne Abwechslung. Mit uns sind andere Freiheitsliebende unterwegs.

Wie gut, dass sich ALDI auch in Florida breit macht. So muss ich während unserer Fahrpause nicht auf meine Lieblings-Spekulatius verzichten.

Happy 2nd Advent!

2 Gedanken zu “Snowbird-Treiben

  1. Wunderschöne Bilder, die Erinnerungen wecken. Den ein oder anderen State Park kennen wir aus eigener Erfahrung, ebenso die No-see-ums :-(. Eine Rangerin hat uns den Tipp gegeben, uns mit Babyöl oder einer Bodylotion dick einzucremen. Chemie hilft nichts gegen die Mistviecher, aber in der öligen Schicht ersticken sie. Unserer Erfahrung nach hält sie das zwar nicht vom Beißen ab, aber man merkt es (erst mal) nicht (und kann dadurch ruhiger schlafen) und es juckt hinterher nicht oder zumindest nicht so stark.
    Genießt das Leben, freut Euch an den Spekulatius, verdient weiter Euren Lebensunterhalt mit Petanque und denkt an die „Daheimgebliebenen“, die beim Schneeschaufeln an Euch denken.
    Alles Liebe
    Sonja und Klaus

    • Hallo ihr beiden,
      die No-see-ums haben uns zum Glück nur einmal erwischt und Mücken verirren sich nur vereinzelt in unseren Robel.
      Ja, wir geniessen die Spekulatius bei Florida-Sonne, aber manchmal vermissen wir auch den Glühwein mit Freunden auf dem Weihnachtsmarkt und ich dann die obligatorische „Currywurst mit Pommes weiß“ vorher.
      Liebe Grüße und eine schöne winterliche Zeit.
      Vero mit Reiner

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