Samstag, 03. März 2018
Heute Nacht bleiben wir noch einmal auf dem KOA RV Park Fredericksburg, fahren aber vorher tagsüber sozusagen mit unserem WoMo „spazieren“.
Eine für uns eher ungewöhnliche Art, die Umgebung zu erkunden, denn normalerweise nutzen wir für kurze Strecken unsere Fahrräder oder für längere die Bahn oder den Bus. Hier, ohne Fahrradwege, ohne Busverbindung und ohne Eisenbahn erscheint uns das Auto, ganz wie es jeder Ami tut, angebracht.
„Dreh doch nochmal kurz um, da war grad so was wie ’ne Parade“, werde ich aufgefordert, in die Eisen zu gehen.
Vor uns liegt das Stadion des hiesigen Sport Clubs Fredericksburg „Baltin Billies“.
Lange Rede – kurzer Sinn:
Heute gibt es hier eine für uns mehr als gewöhnungsbedürftige Sportart zu sehen, die sich uns erst dadurch erschließt, dass sich uns der Chief zuwendet, „natürlich“ hat er deutsche Vorfahren und erklärt uns, wie stolz sich die Jugendlichen hier im Wettkampf der Highschools messen, wer am besten, was wohl heißen soll: am diszipliniertesten/ exaktesten/ genauesten/ saubersten „paradieren“ kann.
Die Kleidung inklusive der blitzblanken Schuhe, die vor Akkuratesse nur so strotzt, die schnarrenden Stimmen der Mädchen und Jungen, mit ihrer angestrengten Lautstärke und Schneidigkeit, die Gewehrattrappen, die voller tausendfach geübten Behändigkeit durch die Luft gewirbelt und wieder aufgefangen werden und die Bewegungen der „eigenen“ Flaggen inklusive der Genauigkeit, mit der alle vom Wind aufgebläht, den geschrienen Befehlen folgen, alles wird von einem US-Army Officer geprüft, festgehalten, bewertet.
Jede Vierergruppe wird von den eigenen „Fans“, Schulkameraden wahrscheinlich, nach abgelieferter Leistung bejubelt…
Spezialübung:
Wir haben nicht damit gerechnet und sind einigermaßen entsetzt, dass es diese Form der „kindlichen Indoktrination“ hier noch gibt.
Die sportliche, militärische und gesellschaftliche Leistungskonkurrenz wird ohne Antwort auf die Frage: „Was ist für die friedliche Entwicklung der Kinder eigentlich nützlich?“, dem Motto „jede/r kann es schaffen, erste/r zu sein“ untergeordnet, geht immer noch nahtlos schon in frühen Jahren ineinander über.
Der Officer ist sehr zuvorkommend, freundlich und natürlich von der Sinnhaftigkeit dieser „Leistung“ der Jugendlichen überzeugt. Ein Foto bitte: gerne…
Unser anfänglich geplantes Ziel ist Fredericksburg TX, Historic Downtown
Wir fahren hinein… in die Main Street, die gleichzeitig Vorzeige- und Einkaufszentrum in einem ist.
Zu beiden Seiten gibt es die typisch im Winkel von fünfundvierzig Grad angelegten Parkplätze direkt vor den Geschäften, Restaurants, Hotels, vor der Bibliothek und dem Gerichtsgebäude.
Wo früher die Pferde abgestellt wurden, finden wir Platz für unser WoMo.
1846 von deutschen Siedlern gegründet und zu Ehren des Preußenkönigs Friedrich nach ihm benannt, wird die deutsche Vergangenheit noch heute sozusagen als „Alleinstellungsmerkmal“ der Stadt durch viele deutsche Begriffe öffentlich vorgezeigt. Na ja, sind auf den Fotos doch nicht so viel geworden, aber das alljährliche Oktoberfest findet ja auch noch nicht im März statt…
Wir reihen uns ein in den Spaziergänger- oder besser Einkaufsstrom, der die Main St auf der einer Seite rauf und auf der anderen wieder runter, Einkaufstaschen beladen, bevölkert.
Vero kommt im riesigen „Küchen Laden“ nicht an Plätzchenausstecher-Förmchen in Form eines Seeadlers und eines Saguaro Cactus vorbei. Das hätte teurer werden können!
Die „Prachtstraße“ mit ihren sehr gut restaurierten alten Kaufmannshäusern, die uns im Zusammenspiel mit den ersten Frühlingsboten für die doch sehr kitschige Einkaufsmeilen-Atmosphäre entschädigen, lassen wir bummelnderweise gern auf uns wirken. Ein mehrstündiger Spaziergang wird es aber dann doch nicht…
Sonntag, 4. März 2018
Wo wir heute hinwollen, ist schlußendlich als wir abfahren, noch nicht klar.
Dafür aber schon, dass es in Kerrville TX einen schönen Quiltshop geben soll, den wir auf keinen Fall verpassen dürfen, zumal er heute, am Sonntag, sogar ab 12:30 pm geöffnet haben wird. Ab durch die Provinz weiter Richtung Westen…
Unsere Reisegewohnheit, kleine Straßen durch kleine Städte hindurch zu fahren, gefällt uns immer noch und immer wieder: Geruhsam dahin daddelnd, erreichen wir:
Den Quiltshop „Creations“ und seine Behausung müssen wir nicht weiter beschreiben…
er zeigt sich von seiner schönsten Seite.
Wieder auf der Straße kommen wir an diesem ungewöhnlichen B&B vorbei,
fahren aber nach kurzem Überlegen dann doch weiter und nehmen lieber den
Campground „By the River“ am Guadalupe River, Kerrville TX
Sonntag, 4. März – Montag, 5. März 2018
Ohne genau sagen zu können, was uns bevor steht, nutzen wir die in Texas so genannten „Ranch Roads“, in anderen Staaten kommunale Hwys mit dreistelliger Nummerierung.
Sie werden kaum vom Fernverkehr befahren, sondern eher von den hier sehr verstreut lebenden Menschen, um vielleicht ein Mal in der Woche den nächsten Supermarkt, der zwischen 50 – 100 km entfernt liegt, mit dem Truck erreichen zu können.
Entsprechend gut geht es uns…
An einer der wenigen Kreuzungsmündungen liegt im Nirgendwo der „Lost Maples Generalstore“, Vanderpool TX
mit angeschlossenem gleichnamigen RV Park.
Dienstag, 6. März – Sonntag, den 11. März 2018
Generalstore meint eben auch: ALLES!
Es gibt leckere Speisen wie Burger, Burger und Burger…
Und Tacos, wir können es bezeugen, gefüllt mit sausage, eggs & potatoes, schmecken sie wirklich sehr gut.
Abends treffen sich die Leute aus der Umgebung zum Bier.
Die „Verlorenen Ahornbäume“, die unserem heutigen Übernachtungsplatz und dem General Store ihren Namen geben, sind in dieser fast geräuschlosen Umgebung wahrscheinlich in echt zu finden. Die Menschen sind unserer Erfahrung nach bei der Namensgebung für ihre Bleibe immer dicht an der Realität.
Das Wetter springt von 5°C des nachts mit zusätzlicher Bettdecke auf 32°C tagsüber, nur um am nächsten Tag mittags mit 18° sich wieder in unserem Wohlfühlbereich zu tummeln.
Im Übrigen, dieses Wochenende beginnt Spring Break: jedes Jahr berauschen sich aus diesem Anlass in den USA Jugendliche, StudentInnen, junggebliebene und sich -fühlende an diesen Tagen normalerweise mit viel Alkohol und das nicht irgendwo, sondern draußen!
Deshalb hat sich heute dieses verträumte „Middle of Nowhere“ in eine feier- und fahrwütige, jedoch auf jeden Fall eher nüchterne Gemeinde verwandelt, die mit vielen alles übertönenden Harley’s, Honda’s und Bi Em Dabbelju‘s den Eintritt der Natur in die „Wiedergeburtsphase“ des neuen Jahres begeht, unterwegs ist.
Die überaus präsente Kraft des Frühlings mit seinen sensiblen Ansätzen von Grün, Naturdüften und normalerweise unüberhörbarem Vogelgezwitscher muss sich die Aufmerksamkeit mit den blubbernden, vom Gashebel diktierten und von den Bergen nach den Schallgesetzen der Luft widerhallendem Brummen der Motoren teilen.
Allerdings ist der Frühling, heute trotz 30° im Schatten noch nicht so weit, dass wir an den Blättern der Bäume tatsächlich erkennen könnten, ob es Ahörner sind.
Jedenfalls recken die, die da sind, ihre fast noch kahlen Spitzen vom angenehmen Wind hin und her getrieben, in den blauesten aller Himmel.
Weil wir uns hier so gut entspannen können, bleiben wir. Morgen wird‘s bestimmt wieder „verlorener“.
Erst die Arbeit, dann das Spiel…
„Spring has its blue ribbon fluttering through the airs again…“ oder so
Lieber Alfred, wie schön, wieder von Dir zu hören.
Wir können gut nachvollziehen, wie bescheuert es sein muss, immer wieder zu lesen, wie sehr die Sonne hier scheint und wie gut es uns gefällt, im Süden der Staaten zu reisen, wenn zuhause die Kälte oder/und der Regen sich nicht entscheiden konnten, dem Frühling Platz zu machen.
Jetzt ist es endlich auch bei Dir so weit! Das ist für uns eine echte Erleichterung…
PS. Wir freuen uns schon auf die „Feier-Serie“
Liebe Grüße
Vero und Reiner
Man kann den texanischen Frühling durch deine / euere sehr eindrucksvollen Beschreibungen fast riechen. Gott sei Dank haben wir seit einigen Tagen auch wunderbarstes Frühlingswetter , sonst könnte man richtig neidisch werden. Übrigens liebe Vero , lieber Reiner , einen Tag nach unserem Familienferst feiere ich meinen runden Geburtstag ; ich hoffe , dass ihr dabei seid – eingeladen seid ihr schon mal!
LG
Alfred