Savannah, Du Schöne…

Freitag, 6. und Samstag, 7. November 2015

Wir starten einigermaßen früh nach diesen Schlechtwettertagen vom Lake Air RV Park in Hollywood, SC, leicht südwestlich von Charleston.

Und sind schon froh darüber, dass nur noch dunkle Wolken über uns hängen, nichts mehr mit Dauerberegnung, die Temparaturen mit 20-25° erträglich sind und wir mittags ohne großen Highway-Stress in Savannah, GA ankommen.

Hier wollen wir auf jeden Fall hin und diese Stadt macht es uns tatsächlich sehr leicht:
Wir können die nächsten zwei Nächte, wie erhofft auf dem Parkplatz des Visitor Information Centers mitten in Downtown übernachten. Zwar ohne Strom und Wasser, aber das ist alles easy, wir haben vorgesorgt.

Aber niemals werde ich einen dieser Sightseeing- Trolley-Touristen-Abzock-Busse besteigen, von denen es in Savannah unendlich viele gibt.
Ich schwwörrrrrre!

Besser können wir es nicht erwischen. 9 $ die Nacht ist auch noch ausgesprochen fair für diesen Platz.
Vero übernimmt es, erst mal die nahe Umgebung zu erkunden.

Sie findet im Visitercenter heraus, dass die Gebühren am Parkplatzschalter zu bezahlen sind, hat das schon erledigt und die schriftliche Genehmigung liegt schon hinter der Windschutzscheibe.

Was kümmert mich mein Geschwätz von oben…

Unser Trolleybus startet hier am Platz, und ist zumindest an diesem Wochenende angesagt, zumal hopp on und hopp off an 15 Stationen möglich ist, morgen früh ein Marathon, plus ein Halbmarathon mit insgesamt 24000 LäuferInnen und auch noch ein Rockkonzert stattfinden werden.
Unser Ticket gilt für zwei Tage „Savannah Downtown“ und wir können den Bus nutzen wie wir wollen. Die FahrerInnen sind echte Experten ihrer Stadt mit wirklich großem Engagement.

Als wir die erste Station der Sightseeingtour erreicht haben, wissen wir: alles richtig gemacht.

Denn das was uns hier die Augen reiben lässt, ist nicht irgendeine Stadt, sondern eine einzigartige und zwar die erste geplante amerikanische Stadt mit jeder Menge Parks (Squares), nämlich genau 24, um die herum

stilvolle, terrassierte und säulenbestandene kleinere und größere Villen platziert wurden.

Das alles zusammen ergibt eine Atmosphäre, die ihresgleichen sucht und wir so noch nirgends gesehen haben.

Eichen…
Wenn ich Eichen sage, dann kommen wir hier aus dem Staunen nicht heraus. Es sind keine deutschen Eichen! Wir wussten gar nicht, dass es auch andere Eichen auf dieser Welt gibt. Sie sind völlig anders, in ihrer ausladenden Pracht eine echte Konkurrenz für den „deutschsten aller Bäume“.
Die einzige augenscheinliche Ähnlichkeit mit deutschen Eichen, sind ihre Früchte, die Eicheln.

Ansonsten weit ausladende langästrige, pilzförmige, mächtige Bäume, die diese Downtown von Savannah einzigartig „überdachen“.

Jederzeit könnte Scarlett O’Hara eine dieser „Double Stairs“ herunter schreiten, erst im ersten Stockwerk beginnt üblicherweise der Wohnraum, darunter liegen nur Lagerräume oder früher die Küchen und Zimmer der Bediensteten,

und Rhett Butler sie mit einem, Generationen von Frauen beglückenden Kuss, in Ekstase versetzen.

Hier scheint die Zeit still zu stehen.
Viele dieser Häuser bestimmen das Stadtbild seit dem 19. Jahrhundert.

Wir verlassen den Bus im Laufe des Tages mehrere Male, flanieren von einem Square zum nächsten, schauen in die katholische Kathedrale der Stadt hinein

und landen am späten Nachmittag am Ursprungsort dieser Stadt, dem Savannah River, wo 1733 die ersten englischen, im Heimatland zum Tode Verurteilten, landeten und sich niederlassen mussten, denn zurückkehren war sicher nie mehr angesagt.

Heute ist die Riverside nicht mehr schlammig und sumpfig,

sondern eine riesige Attraktion für Besucherinnen und Besucher aus der ganzen Welt inklusive Raddampfer, Dampffähren, vielen Restaurants und Giftshops.

Abends ist es immer noch fast unerträglich heiß, es weht kaum ein Lüftchen,

aber das haben wir uns dann doch nicht getraut.

Wir wollten doch um 7 Uhr aufstehen!
Das ist die Startzeit für den Marathon! Ich weiß, zum Mitlaufen ist es eh zu spät, nun gut, dann können wir auch erst noch ’ne Tasse Kaffee im Bett trinken.
Wir haben es immerhin um neun geschafft ohne Frühstück zu Fuß loszukommen.

Die Stadt ist wie ausgestorben – keine Autos, keine Menschen, auch keine Läufer…
Jetzt tut sich was – die ersten mit „Nummernschildern“, kommen uns entgegen- aber sie laufen nicht, sie schleichen irgendwie erschöpft, eine Medaille um den Hals, ein pinkfarbenes Bändchen am Schuh, die meisten äußerst sportiv gekleidet, über die Straße.

Jetzt können wir lesen und kombinieren: Die besten „Halbmarathonis“ sind „durch“!

Immer mehr – das am Weg liegenden Café, in dem wir einen Coffee to Go mitnehmen, füllt sich mit Kraftfrühstücken Verzehrenden.
Je weiter wir gehen, umso voller wird es,

laute Musik ist zu hören, hunderte und jetzt im großen Park tausende an der Marathonstrecke

und vor der großen Bühne des parallel sich lautstärkemäßig durchsetzenden Rockkonzerts.

Hier geht es ab! Bei strahlender Sonne ist die riesige Rasenfläche gefüllt mit gut gelaunten Menschen.
Wir erreichen irgendwie uns durchschlängelnd den Zieleinlauf.

Besser „Zieleinläufe“, denn den letzten Kilometer laufen Halb- und Marathonis in der Mitte durch Gitter getrennt, die Erfüllung ihres Traums.

Durch TV- und Fotografenbrücken, laute Musik und einen ewig mit sich fast überschlagender Stimme skandierenden „Einpeitscher“ sind die meisten der Ankommenden euphorisch bereit, noch einmal Alles zu geben.

Aber auch die, die nur noch „unter der Grasnarbe“ kriechend ankommen, schaffen es so, auch von den Zuschauern angestachelt irgendwie, das Ziel vor dem körperlichen Ende zu erreichen.

Alle Achtung! Das haben wir noch nie gesehen, wir müssen an Dich denken, Udo!
Von Jung bis 80 – von völlig fit durchtrainiert bis „my First Halfmarathon“ werden die unterschiedlichsten Typen von einer, Beifall klatschenden und rufenden riesigen Zuschauermenge und von mit fantasievollen Schildern grüßenden Familien und Freunden in Empfang genommen.

Die vielen Getränke- und Essensstände im Auslauf sind umlagert: isotonische Drinks, Power-fit-aktiv-riegel, Bananen, mindestens eine ganze Plantage leer gepflückt, werden im Liegen, Sitzen, Stehend, Laufend, kurz: kreuz und quer verzehrt.

Diese Menschen haben sich echt gequält, das sieht man – an der „Erste Hilfe“ Station liegen oder sitzen Gott sei Dank nur wenige in Rollstühlen oder auf Feldbetten, in „Goldfolie“ eingewickelte, mit Sauerstoffmasken wieder aufgepäppelte, völlig fertige „Überforderte“.

Und zu guter Letzt: Aneinandergereiht geben alphabetisch gekennzeichnet zwanzig United Parcel Service-Fahrzeuge den „Ausgelaufenen“ ihre Kleidung wieder zurück.

Das muss erst einmal alles organisiert sein – wir lassen diese Stadt in der Stadt nach zwei Stunden völlig fertig von dem Menschen- und Lautstärkegewusel, hinter uns

und freuen uns auf eine gute Auszeit in dem oben erwähnten Café bei Coffee, Muffin und Wifi…

Savannah, Du Schöne…

Wir geben uns noch einmal den Trolleybus und können uns nicht sattsehen.

Ab und zu steigen Personen aus vergangem Jahrhundert zu und erzählen uns Geschichten über die Stadt

und das Leben zu „ihrer“ Zeit.
Aussteigen müssen wir an einem Wolleshop, den Vero vom Bus aus mit scharfem Blick ausfindig gemacht hat.

Dort sitze ich noch nicht richtig in dem „Partnerzwangsaufenthalts-sessel“, als ein sehr netter Mann, der irgendwie zum Laden gehört, mir seinen japanischen Praktikanten vorstellt, und wir zu dritt ins Quatschen kommen, dass es eine wahre Freude ist. Die Zeit vergeht und Vero hat mit der Verkäuferin ihren eigenen Spaß.

Wir verlassen den Laden mit zwei Ergebnissen:
Vero hat sehr schöne Wolle gefunden und ich weiß eine Menge mehr über die Stadt Savannah und ihre wunderschönen amerikanischen Eichen (in den Südstaaten)!
Dass sie, weiß ich nun, mit den „deutschen“ Eichen überhaupt nicht zu vergleichen sind, zeigt sich nicht nur an dem völlig unterschiedlichen Wuchs des Baumes als solchem und seinen Blättern, um nicht zu sagen, Blättchen, die hier unspektakulär wie Olivenbaumblätter daherkommen, sondern vor allem daran, das diese amerikanische Eiche ein immergrüner Baum ist, der nur dann braune Blätter hat und sie verliert, wenn er krank ist.

Ansonsten: Sie passt hier ausgezeichnet hin, großräumig ausladend, über die Maßen Schatten spendend und beeindruckend traditionell.

Der Japaner war im Übrigen schon zweimal in Köln und ist von Deutschland völlig begeistert. Sein Praktikum hier ist, so habe ich ihn jedenfalls verstanden, vor allem eine gute Möglichkeit, seine Englischsprachkenntnisse zu verbessern.

So ist es für mich auch, ich mache hier eigentlich auch ein „Praktikum“ mit dem Ziel, individuelle nordamerikanische Geschichten erzählt zu bekommen und alles Neue zu genießen…

Mit Hilfe des Fahrplans der Busse mit ihren Stops, den wir dabei haben, erwischen wir gerade noch den letzten Trolley zu unserem Parkplatz.
Ein guter „Tip“ für die Fahrerin lässt sie und zwei Wohnmobilisten aus Deutschland glücklich sein und davon träumen, irgendwann noch einmal Savannah wieder zu sehen.

PS. Mein Petanquepartner Ed hat eine Email aus New Jersey geschickt. Er ist jetzt auch auf dem Weg nach Amelia Island…

…and we think to ourself: What a wonderful world!

 

2 Gedanken zu “Savannah, Du Schöne…

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