Dienstag, 19. Januar 2016
Das fällt uns neben der hier fast unendlichen Weite als Erstes auf:
Die in allen bisher er“fahrenen“ Staaten noch nie dagewesene Höchstgeschwindigkeit von 75 Miles/h, dass sind 120 Stundenkilometer!
Rechnen wir noch 10% für typische Geschwindigkeitsnormalität in den USA hinzu, dann sehen wir hier fast alle, egal ob PKW, Pick Up, Truck oder Motorhome mit 130 über die Hwys schroten. – Fast wie in Deutschland!
Und wir:
So zwischen 80 und 90km/h (50-55 mi) ist unsere Vorliebe, zugegeben ja meist auf Backroads, auf denen hier so 100 km/h im Schnitt für alle normal ist.
Also finden wir uns häufiger, langsam mit Blinker rechts fahrend, auf dem Seitenstreifen wieder, um die Schlange hinter uns vorbei zu lassen.
Wir sind sehr gespannt auf diese von den BewohnerInnen der übrigen Staaten meist mit krauser Nase betrachteten Texaner mit großen Hüten und „dicker Hose“.
Auch wir sind also nicht unvoreingenommen.
Immerhin kennt das Gesetz hier kein Pardon, besonders herausragend: die Todesstrafe wird in keinem anderen Staat der USA so konsequent angewandt wie in Texas.
Mit dieser erwartungsvollen Neugierde versehen, fahren wir auf vielen „schnuckeligen“ Nebenstraßen ganz gemütlich,
fast jedes Dorf mitnehmend.
Wir vermuten, dass unser hilfsweise, immer dann wenn uns etwas ungewohnt oder sehr gewöhnungsbedürftig vorkommt: „Ach, so ist das hier also“, häufiger zum Einsatz kommen wird.
Zum Beispiel, wenn wir beim Tanken auf’s Fernsehen nicht verzichten müssen.
Oder uns manchmal ein Haus entgegen kommt,
ein Esel uns seine politische Meinung verkündet,
oder wohl ziemlich selbstverständlich auf dem Seitenstreifen auf einem mexikanischen Markt Hühner verkauft werden.
Wir fahren an den Eingangstoren der ersten texanischen Ranches
und an den auf dem Land herumstehenden Ölpumpen vorbei.
So, staunend und nach der Fahrt durch die östlichen und südöstlichen Staaten der USA, uns eher darüber wundernd, dass hier auf dem Land, irgendwie das 21. Jahrhundert wohl noch nicht so richtig angekommen zu sein scheint, alles sieht mehr oder weniger nach „so war’s immer und so bleibt’s auch“ aus, erreichen wir den texanischen State Park hinter der Grenze zwischen Louisiana und Texas, „Village Creek State Park“, Lumberton TX.
Sehr angenehmer, ruhiger Campground im Park mit Wifi und Full Hook Up. Geht doch!
Die Leute ausgesprochen freundlich. Schon mal richtig gut!
Inzwischen hat Vero via Email Kontakt zu Bonnie und Billie in New Braunfels aufgenommen und gehört, dass wir „herzlich willkommen“ sind! Das heißt, unser nächster amerikanische Besuch in privater Umgebung steht uns bevor!
Diese Erwartung lässt unsere Herzen wieder höher schlagen.
Ist doch eine solche Einladung für uns immer mit dem Gefühl verbunden, wie ungewöhnlich wir es empfinden, bei Menschen, die wir nur an einem oder zwei Tagen, in diesem Fall beim Petanque-Turnier in Fernandina Beach auf Amelia Island, kennen gelernt haben, so spontan zu Gast sein zu dürfen.
Und dass als „lonesome fulltime RVer“, die nur im Auto zuhause sind, kein Kleid und keinen Anzug dabei haben.
Man könnte auch einfacher sagen: wir sind mal wieder etwas unsicher.
Mittwoch, 20. Januar 2016
Vorher heißt das heutige „Pausen-Zwischenziel“ Old Town Spring, TX und liegt ungefähr 20 km nördlich von Houston, TX
Wie wir darauf mal wieder gekommen sind?
Die Besitzerin des Quiltshops in Houma LA, wie schon so herrlich oft erlebt, eine offene Informationsquelle für interessante Routenziele, sagte so ganz nebenbei: „I would like to die in the quiltshop of Oldtown Spring TX. You will find it at Main St.“
Was liegt näher als nachzuschauen, ob es sich wirklich lohnt, dort zu sterben.
Es fängt gut an: Parkplatz am Straßenrand, direkt vor der Tür!
Schön und verwinkelt, mit sehr großem Angebot an Stoffen ist er schon, aber gleich Sterben? Ich jedenfalls nicht… Ich denke Vero auch nicht, sie hat in den vergangenen Monaten schon mindestens genauso schöne Quiltshops entdeckt.
Sie schaut sich gründlich um und ich erkunde in der Zeit die Umgebung mit vielen sehr alten Gebäuden, die allerdings eher schrottige „brauchen wir alles nicht“-Angebote vorhalten.
Oder ist zum Beispiel unsere Gesundheit von diversen Heilsteinen oder Wahrsagungsinhalten abhängig?
Auch Plastikartikel aus kurioser Chinaproduktion finden nicht wirklich mein Interesse…
Nach anderthalb Stunden biegen wir aus der Parklücke.
Das Land wird immer „waldloser“. Die bisher seit unserer Fahrt durch South Carolina, Georgia über Florida bis nach Louisiana uns begleitenden Palmen ziehen sich hier langsam aber sicher zurück. Jede Menge sandiger Boden und viel Grasland treten an ihre Stelle.
Stattdessen begrüßen uns Südstaaten-Eichen, Zedern und Pinien, daraus in abgeholzter Form resultierend, viele Holzhäuser mit ziemlich flachen Dächern,
mehr versprechenden als letztendlich haltenden Giebelfassaden in denen Bars, Werkstätten und kleinste Geschäften zum Verweilen, Reparieren lassen oder Einkaufen auffordern.
Dazwischen unüberschaubar viele Meilen umzäuntes Ranch-, das heißt, Cattleland.
„Shiloh“– und „High Chaperral“ lassen grüßen!
Na ja, diese TV-Serien spielten wohl eher in Wyoming und Arizona oder so, aber auf der Suche nach einer lieb gebliebenen Erinnerung fallen uns diese Namen in Verbindung mit Texas, wildem Westen, Rinderherden, Cowboys und Indianern, so wie es hier aussieht, eben ein.
Wir lassen uns nach weiteren knapp 300 Kilometern Richtung Westen für eine Nacht auf dem Dixieland RV Park & Campground in Carmine, TX im Wohnmobil gemütlich nieder. Hier empfinden wir tiefstes Texas!
Draußen offene Plains, ein wenig verregnetes Kakteenambiente, sagen wir mal, na ja.
Wir müssen es auch nicht wirklich verstehen, wieso das eher selbstgebastelt erscheinende Bathhouse eindrucksvoll die stolze Haltung der Texaner zu ihrem Staat durch die ausschließliche Verwendung der texanischen Farben und dem „Lone Star“ dokumentiert.
Wenn es stimmt, was Vero bei Bonnie und Billie noch einmal nachfragen möchte, dann ist es dem Staat Texas, zumindest theoretisch, jederzeit möglich aus dem Verbund der USA auszusteigen.
Allein diese Idee zeigt vielleicht, wie sehr hier Wert auf „texanische Identität“ gelegt wird. Wir werden versuchen, es herauszufinden.
Der Anfang eines jeden Rezeptes:
Man nehme eine Dose Bier und schütte sie in den Koch (alternativ ein Glas Wein).
Enjoy Your meal tonight!
Hallo , ihr Beiden ,
Wahnsinn diese , ich nenne es mal so , regionale Kleinkarriertheit. Das meine ich nicht negativ ; aber
ich wundere mich schon über die dörflichen oder kleinstädtischen Strukturen mit ihrer teilweise doch
recht althergebrachten Optik. Seis drumm , sicher sehr interessant und ein ziemliches Kontrast-
programm zu vielem , was ihr schon gesehen und erlebt habt.
Übrigens war es schön , am Mittwoch mit dir Reiner per Whats App zu sprechen . Dank Hartmut
habe ich jetzt die Möglichkeit etwas unkomplizierter mit euch zu kommunizieren. Keine Angst , ich
werde es nicht übertreiben , aber so ab und zu ist der direkte Kontakt auch mal schön.
Danke für euere Reiseimpressionen und weiterhin gutes Gelingen.
Liebe Grüße
Alfred.
Lieber Bruder,
keine Sorge, freuen uns sehr über unsere jetzt einfacheren Kontaktmöglichkeiten.
By the way, wir sehen tatsächlich so „unterschiedliche Seiten“ dieser wirklich so unterschiedlichen Staaten. Aber immer nur aus unseren subjektiven RVer-Perspektive:
-vom fahrenden Auto aus
-von Aufenthalten in kleinen oder größeren Städten oder auf dem Land
-von Einladungen bei Menschen aus verschiedenen Staaten
-von ein- oder mehrtägigen Aufenthalten auf Campgrounds oder -Parks
Das „ungebrochene“ öffentlich sichtbare, konservativ anmutende Traditionsbewusstsein mag verwundern. Obwohl, in Großbritannien, Frankreich, den Beneluxländern findet sich so etwas ähnliches ja auch. Vielleicht hängt unser Erstaunen auch mit unserer eigenen vielfach durch verlorene Kriege „gebrochenen“ Tradition zusammen. (Dafür gibt es bei uns „jüngere“)
Über die jeweiligen politischen Folgen der amerikanischen und der deutschen könnt ihr ja in Deutschland zur Zeit eine Menge lesen, sehen und hören.
Ganz liebe Grüße
Vero & Reiner
Hallo Vero, hallo Reiner, sehr schön. Ich freue mich immer sehr auf Eure Geschichten, die ich lesen kann wie ein gutes Buch. Schöne Grüße!
Howdy, so ein Vergleich von Dir…
darüber freuen wir uns natürlich sehr. Liebe Grüße an Christina
Vero und Reiner
Wieder mal ein total interessanter Beitrag von euch! Toll, was ihr alles so erlebt, bin immer wieder auf neue Beiträge gespannt. Schön, das es euren Blog gibt! Liebe Grüße in die Ferne von Eva
Liebe Eva, danke schön.
Warten schon gespannt auf Deine Reise. Lass Dich nicht beirren.
Liebe Grüße nach Berlin
Vero und Reiner