…with friends in Texas

Donnerstag, 21. Januar 2016 – Sonntag, 24. Januar 2016

Mail von Bonnie an Vero
January, the 21st, 2016

Good morning!
We are eagerly awaiting your arrival today and hope your recent travels have gone well!
Bonnie (and Billy)

Gegen 3 pm erreichen wir New Braunfels, das texikanische Pendant zu Braunfels in Deutschland.

Billy schmeißt mir schon bald nach unserer Ankunft die Namen der Gründungsväter der Stadt und ihrer deutschen Nachfahren nur so um die Ohren und obwohl beide keine deutschen Ahnen haben, fühlen wir, dass sie stolz sind, hier zu leben.

Ihr Haus steht, in Deutschland würden wir sagen, unter Denkmalschutz und ist von der hiesigen Behörde wegen seiner historischen Bedeutung schon ausgezeichnet und mit einer entsprechenden Plakette erkennbar gemacht worden.

Ein wunderschönes, nach viel, viel Arbeit wieder dem Ursprung gleich, jedoch nach modernen Klimastandards, hergerichtetes Kleinod.

Damit wir nicht „verhungern“, hat Bonnie eine wohlschmeckende Linsensuppe gekocht, die uns zeigt, wie amerikanische Gastfreundschaft geht…

Das WoMo steht, inzwischen wohl versorgt mit Strom und „in die Waage gebracht“, vor der zweiten Garageneinfahrt, so dass wir auch abends nicht mehr weg müssen.

Wenn amerikanische Menschen „zu Fuß gehen“, dann ist das schon was Außergewöhnliches:
Wir sind wirklich Gäste!
Und spazieren noch am gleichen Nachmittag gemeinsam ins Museum „Sophienburg“,

benannt nach der Frau des Prinzen Carl von Solms-Braunfels, der mit einer Gruppe deutscher Einwanderer im Auftrag des „Vereins zum Schutze deutscher Einwanderer in Texas“, 1844 diese Stadt gründete.

Lernen hautnah eine Menge über die Bedingungen dieser ersten Siedler und ihren Mut, sich unter den, für heutige Verhältnisse undenkbaren Voraussetzungen, hier nieder zu lassen.

Anschließend ein kleiner Rundgang durch Downtown,

Bonnie und Vero verabschieden sich Richtung Quiltshop und ich entdecke mit Billie insbesondere den Laden von Louis Henne Co.

Ein herrliches Erlebnis!
Ein Hardwareshop, nach glaubwürdigen, etwas schmunzelnd erzählten Angaben des Verkäufers: das berühmteste Museum von ganz New Braunfels!

Und ganz sicher: Mein Lieblingsladen!
Zwei bemerkenswerte Erfindungen fesseln mich, neben den faszinierend sortierten und ausgestellten Handwerkszeugen und Kleinigkeiten, besonders:

– Weil die kleinteilige Ware in Schubladen bis unter die Decke gelagert ist, dienen Leitern dazu, sie im Bedarfsfalle aus der oberen Hälfte der Regale herunterholen zu können.

Aber diese müssen nicht von einer Stelle zur anderen getragen werden, sondern sie „laufen“ in Rollen auf Schienen, die an der Decke befestigt sind.

– Und zweitens, das Geld nahm früher in diesem Laden einen besonderen Weg. Es wurde über ein Drahtseilsystem mit der Rechnung in das Buchhaltungsbüro am hinteren Ende des Ladens befördert.

Damit hatten Diebe keine Chance, denn im ganzen Laden befand sich kein Geld.
Gleichzeitig konnten die Lagerbestände auch kontrolliert werden, denn die verkaufte Ware wurde im Office sofort vom Bestand abgezogen.

Auf solche Ideen muss man erstmal kommen!

Bonnie, die frühere Mathematiklehrerin an der Highschool und Billie, ebenfalls Lehrer, aber dann selbständiger Töpfer, haben sich im Vorfeld alles Mögliche für Ihr Gäste aus Deutschland ausgedacht.

Dazu zählt am Abend ein schönes Dinner in einem angesagten Restaurant am Rand der Stadt.
Wir genießen „Chicken fried Steak“, was nichts mit Hühnchen zu tun hat, aber erstens was mit paniertem Steak und zweitens ganz viel mit „now you are real Texans“! Wir haben unsere Initiierung als echte texanische Fleischesser hinter uns!

Am nächsten Morgen wird es eng! Ausgeschlafen und lesenderweise die Zeit verbummelt. Um 9:30 klingelt das Telefon: „Are you ready? We have to go in five minutes!“

– Wir haben’s echt verpennt! Es gibt einen richtigen Termin! Im Schnellverfahren Zähne geputzt, gewaschen und in den fahrbereiten Wagen von Bonnie und Billie reingesprungen.
Es geht auf’s Land. Was genau uns erwartet? Keine Ahnung.

Nach ungefähr zwanzig Minuten biegt Billie in einen Feldweg, eine „dirtroad “ ein und nach zwei Meilen stehen wir in einer fast surrealen Welt:

Vielleicht 1910? – es ist kein Haus im heutigen Sinn, eher eine inzwischen völlig heruntergekommene Hütte in einer vertrockneten Einöde mit Sträuchern, winterlich entblätterten Bäumen, fast nur Gestrüpp rings herum, ein „Irgendwie“-Weg und wir begreifen erst langsam als wir es betreten, was wir hier, inzwischen völlig begeistert, zu sehen bekommen:

Es treibt mir wirklich die Tränen in die Augen, weil Geschichte sich hier so unverwechselbar und lebenswirklich, nicht museal aufbereitet, zeigt.

Mitten in dieser Pampa lebte und starb hier im Alter von 82 Jahren vor zehn Jahren, also 2006, eine alte Frau, noch 31 Jahre nachdem ihr Mann verstorben war, absolut allein!
Leider kennen wir nicht ihren Namen. Aber wir begreifen etwas von ihrem „jeden Tag“!

Kein Badezimmer, kein Warmwasser, nur eine einzige Wasserstelle mit einer Schüssel im ganzen Haus, nur Holzöfen in zwei der insgesamt vier Zimmer.

Fast das ganze Innenleben dieses Hauses aus Holz… Wie geht so was? Wir können es kaum fassen.

Das Besondere an diesem Besitz ist das völlig authentische Interieur, die in die Wände eingelassenen Regale, die „Geschichten erzählenden“ Gebrauchsgegenstände aus ihrer Zeit,

die alle noch vollständig, zwar völlig verstaubt und vertrocknet oder vergilbt, je nach Material, erhalten sind…
Sie liegen und stehen bis unters Dach, mir erscheint es selbst aus verzinktem Wellblech zu bestehen, hier herum.
Wir bestaunen kopfschüttelnd, teilweise aus der eigenen Kindheit wiedererkennend, alles und sehen sprachlos…

Einmachgläser, Zeitschriften, Lampen, Pferdesättel, Zaumzeug, Sporne, Nähmaschine, Matratzen, alte Bücher, Thermometer, Quilts und mit Bordüren bemalte Holzwände.

Um die 20 Freunde und Bekannte der jetzigen Eigentümer sind für 10 Uhr heute Vormittag eingeladen, sich diese Kleinode einer Lebensgeschichte anzuschauen.
Und wir sind dabei!

Erfreulicherweise bekommen wir mit, dass dieses Haus zukünftig als „Historic Object“ zukünftigen Generationen erhalten bleiben wird.

Ich kann mein Smartphone vor lauter Fotografierwürdigem überhaupt nicht mehr in die Tasche stecken. Könnte hunderte von Fotos schießen, aber unser Status: „Oh, you’re coming from Germany!“ und die sich daraus entwickelnden Gespräche, teilweise in deutscher Sprache geführt, lassen längere „Alleingänge“ nicht zu.

Es ist schon verrückt, US-Amerikaner, deutsch mit hessischem oder schwäbischem Dialekt, unterlegt mit amerikanischer Betonung sprechen zu hören.

Sie wirken dabei sehr bescheiden oder zurückhaltend und trauen sich kaum, ihre Stimme mit diesem für unsere Ohren schönen Klang ertönen zu lassen. Sie erklären dass damit, dass sie deutsch nur in der Kindheit gesprochen haben und es dann im Rahmen des „sprachlichen Integrationsprozesses“, so würde das in Deutschland aktuell wohl genannt werden, verloren haben.

Unvergesslich, was wir hier zu sehen und zu hören bekommen! Könnten noch stundenlang stöbern…

Lunch im Restaurant „Alpine-Haus“ in New Braunfels

Sehr geschmackvolle deutsch-amerikanische Küche ist der passende Anlass dazu, dass wir unsere Gastgeber einladen.

Wir sehen in New Braunfels fast alles, wirklich. Erleben den, hier mit Händen zu fühlen, aus warmen Quellen gespeisten Guadalupe River mit dem umliegenden traditionsreichen Park.

Natürlich mit Picnic Area, aber auch Sportplatz und mit frei rumlaufenden Rehen…

Testen die ungewöhnlichsten Biere in einer ortsansässigen Mini-Privat Brauerei mit Namen „Guadalupe Brewing“.

Von „Scotch Ale“ über „Texas Honey Ale“ und „Guadalupe IPA“ bis „Belgian THA“, alles einmal durch und wegen der Hochprozentigkeit, immer so zwischen 7 und 9% Alohooolehalt, gab es „nur“ ausreichend wirksame Probiergläser.

So ging es uns anschließend sorglos gut!

Aber der gemeinsame Tag ist erst nach einem Dinner in einem mexikanischen Restaurant in Gruene, einem außergewöhnlichen Vorort von New Braunfels, zu Ende.

Vero: Half order fajitas of beef with rice, borracho beans, tortillas, guacamole and Adobe Gruene sauce,
Reiner: Two shrimps enchiladas covered in white wine cream sauce and jack cheese served with rice, beans, lettuce, tomato and guacamole

Muss einfach mal ausführlich erwähnt werden, „von wegen die Erinnerung“!

Samstag, der 23. Januar 2016

Heute fahren wir allein los und finden noch einmal den kleinen Ortsteil von New Braunfels mit Namen „Gruene“, den wir gestern Abend schon einmal kurz zu Gesicht bekommen haben.

Mal wieder herrlich traditionelle Ortschaft mit genau diesem deutschen Namen, der verdeutlicht, wer diesen Ort im 19. Jahrhundert gegründet hat.

Im übrigen mitsamt seiner legendären Musikhalle, Gruene Hall, die seit 1878 ununterbrochen als älteste Music-hall von Texas in Betrieb ist und deshalb als „famous“ gilt.

Heute Abend erleben wir, so empfinden wir es, ein besonderes Privileg: Bonnie hat ihre Schwester, ihren Schwager und uns zum Geburtstagsdinner für ihre Schwester eingeladen.
Wir können es nicht glauben, weil eine solche, wie wir finden, enge verwandtschaftliche Feier wollen wir nicht stören. Aber auch unsere entsprechend geäußerte Feststellung und Anfrage, ob es wirklich so geplant ist, dass wir dazu eingeladen sind, wird uns mit glaubwürdiger Freude und Selbstverständlichkeit bestätigt.

Es gibt im Anschluss an ein kühles Bier beim „standing together“ anschließend zum Essen einen gepflegten Wein und das in USA dazu gehörende Eiswasser.

Und das Dinner selbst, Billys Klassiker:
BBQ Schweineschulter bei Niedrigtemperatur mehrere Stunden gegrillt, Olivensalat und Ofenkartoffeln. Zitronentörtchen zum Dessert, und anders als  in amerikanischen Restaurants: zum Abschluss Kaffee!
Ein sehr anregender letzter Abend mit total sympathischen Menschen.
Was haben wir für ein Glück!

Sonntag, den 24. Januar 2016

Haben uns dankbar verabschiedet und sind wieder unterwegs.

So long!

6 Gedanken zu “…with friends in Texas

    • Dear friend,
      wir reisen gern mit Dir unsere Freude teilend, nach einer zauberhaften Wanderung durch die Berge…
      Davon später,
      ganz liebe Grüße
      Vero & ich

  1. Sensationell , was ihr da in New Braunfels erlebt habt. Da kommt schon etwas Neid auf , wo ich doch ,
    wie ihr ja wisst , immer besonders an solchen antiken Dingen interessiert bin – und dann z.T. noch
    in der Originalumgebung – super. Aber vor allem auch die tolle Erfahrung mit der praktizierten
    Gastfreundschaft – herrlich.
    Übrigens Reiner , kannst du dich noch daran erinnern , dass unsere Eltern mehrfach Urlaub im
    deutschen Braunfels in Hessen gemacht haben? Ist schon interessant.
    Weiter gute Reise , euer
    Alfred.

    • Howdy,
      ja, daran kann ich mich gut erinnern, lieber Alfred. Auch daran, dass unsere Mutter noch mit der AWO als Reiseleiterin dorthin gereist ist…
      LG aus Big Bend National Park…
      Reiner

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