Montag, 8. Februar 2016
Wir werden beobachtet!
Irgendwie werden wir das komische Gefühl nicht los, nicht allein zu sein, gesehen zu werden, obwohl wir niemanden sehen.
Dreimal passieren wir große, weiße, in schätzungsweise 500 m Höhe direkt über der Grenze zu Mexico auf einer Stelle stehende luftschiffähnliche Gebilde und können sie uns nicht anders erklären, als dass sie Kontrollzwecken dienen.
Alles wie immer…
Popeyes? Was für Augen?
Es wird , ja wie denn eigentlich?
Einsamer, grandioser, menschenleerer, geheimnisvoller, trockener, unfruchtbarer, seelenloser, ruhiger, heißer, staubiger.
Jetzt fängt der „Wilde Westen“ an!
Dabei fahren wir heute doch noch gar nicht weiter nach Westen, sondern stundenlang Richtung Norden parallel dem Rio Grande, dessen Name in Mexico Rio Bravo ist, immer an der Grenze entlang.
Das merken wir jetzt…
Ganze Bündel von Kameras erwarten von uns an den wiederkehrenden Passierstellen, langsam durchzufahren!
Die immer dünner besiedelte Weite wird nur noch von immer weiter auseinander liegenden kleinen Orten und riesigen industriell genutzten Flächen, teilweise mit Ölpumpen drauf, unterbrochen.
Vereinzelte Ranches und hin und wieder fast menschenleere Villages dämmern unter gleißender Sonne verschlafen bis ohnmächtig vor sich hin.
Nur meilenlange verrostete Zäune und in die Wege eingelassene Metallgitter machen die, von der Straße aus fast unsichtbaren, Tierherden darauf aufmerksam, dass hier „Ende mit Fressen“ ist.
Die große Verlassenheit?…
Zugegeben, dass sind nur Ausflüsse unserer Gedanken und keine überprüften Fakten, während wir mit gemütlichen 85 km/h, Tempomat unterstützt, über den Hwy 277 cruisen.
Jetzt soll aber für heute Schluss sein!
Hallo? Wieso soll denn hier eine Übernachtung auf einem, um es positiv auszudrücken, äußerst rustikal hier rumliegenden RV Park, auf einmal 30 $ kosten? Und dann auch noch ohne Waschhaus und ohne Duschen!
…aus irgendwelchen Gründen leben hier trotzdem Menschen.
Diese eben erwähnten Industrieanlagen, deren Zweck wir nicht wirklich hundertprozentig erkennen können, bringen uns auf die Idee: FRACKING!
Was wir sehen können, ist nicht viel. Tanks, Leitungen, Trucks, Pumpen…
Es sieht oberirdisch so aus, als wenn sich die Hauptsache unter der Erde abspielt.
Aber ganz ohne Arbeiter geht’s wohl nicht und ganz ohne RV Parks auch nicht!
Deshalb diese Horrorpreise auf den zahlreich zu findenden privaten RV Parks in einer Gegend, wo ansonsten echt „der Hund verfroren ist“
Notgedrungen nehmen wir den zweiten, den wir für 25 $ bekommen können.
Brush Country RV Park, Carrizo Springs TX
Ganz netter Typ, der uns einweist und uns auf sein „Wahnsinns-Wifi“ aufmerksam macht!
Wenn wir ’nen Fernseher hätten, könnten wir auch kostenlos Kabel-TV empfangen.
OK! Was gibt es denn auch sonst hier?
Eine Pekannuss-Ranch und unter den Bäumen ein paar Longhorn-Rinder.
Dienstag, 9. Februar 2016
Bei strahlender Sonne planen wir heute morgen vor der Abfahrt unseren nächsten Zielort: Del Rio TX.
Noch mal wollen wir nicht in einer solchen Pampa übernachten. Das werden wir uns jetzt, also vorher, näher erarbeiten.
Wenn der einzige RV Park & Campground in der Nähe der Stadt „Hidden Valley RV Park“ heißt und damit andeutet, dass er irgendwie versteckt liegt, dann ist es nach unserer letzten Übernachtungserfahrung wohl besser, einmal ein paar Stunden vorher dort anzurufen.
Und was passiert?
Die Frau am Telefon erzählt mir
1. sie habe noch Platz,
2. ich solle sie, wenn wir in Eagle Pass, also ungefähr 50 km vor Del Rio angekommen seien, noch einmal anrufen,
3. ich solle auf keinen Fall von der Hauptstraße abbiegen und
4. sie werde uns auf dem richtigen Weg zu ihrem Platz bringen.
Das kann ja heiter werden, vor allem, wenn Vero und ich uns über die Notwendigkeit des Abholenlassens und Nocheinmaltelefonierens nicht einigen können.
Eine halbe Stunde nach meinem zweiten Telefonat klingelt unser Telefon:
Sie warte mit ihrem blauen Wagen auf dem Seitenstreifen der 277 kurz vor Del Rio!
Wo kommen wir denn hin?
Da vorn ist sie ja!
Sie fährt mit uns weiter geradeaus als unser TomTom es für nötig hält und Vero behauptet hartnäckig, wir hätten es auch allein geschafft…
Immerhin, so lernen wir das quirlige Städtchen eben von der anderen Seite her kennen und landen sicher…
Janet ist ausgesprochen freundlich. Sie versorgt uns mit allem, was „Fremde“ wissen müssen, um eine interessante Zeit in Del Rio verbringen zu können.
Durch ihre Infos sehen und genießen wir den ungewöhnlichen Drugstore mit köstlichem Eis in der traditionellen Eisdiele
und die älteste Winery von ganz Texas, die 1883 von einem italienischen Einwanderer gegründet wurde und bis heute in Familienbesitz, in der 4. Generation fortgeführt wird.
Fünf original texanische Weine zum Probieren sollen es sein, hätten auch zehn sein können, aber es ist erst 5 pm.
Wir verlängern auf 3 Tage!
Eine herrliche Zeit auf einem großzügigen Campground mit Fernsehen im Gesellschaftsraum,
einer offiziell ausgeschilderten Bicycle-Route, die uns die Geschichte der Stadt so ganz nebenbei näher bringt,
und der Bekanntschaft eines sehr netten tandemfahrenden Paares aus Uniontown, Ohio, Mary & Ken, die natürlich!… uns einladen, doch bei ihnen zu übernachten.
Sollten wir nach den ersten 12 Monaten noch einmal einreisen dürfen und sie zu Hause sein, dann…
…aber jetzt radeln wir erst mal weiter an dieser Grenze zwischen Arm und Reich… Das müssen wir auch gesehen haben!
Hasta la vista!