San Francisco 2.0

Mittwoch, 30. März 2016

Vero schafft es mit erstaunlicher Überredungskunst, den Vorgesetzten des Fahrkartenverkäufers an der Powell davon zu überzeugen, unsere gestern geschenkt bekommene Eintageskarte umzutauschen in zwei Dreitageskarten, mit der entsprechenden Zuzahlung natürlich.

Ab jetzt sind wir San Francisco-mobil…
Auf unseren Stadtplänen sind die verschiedensten Linien der MUNI, dem Verbund sämtlicher kommunaler Verkehrsmittel, über die ganze Stadt verstreut und in alle Stadtteile hinein sehr schön aufgelistet, so dass wir unsere Ziele mit Tram, O-(berleitungs) Bus oder Hybridbus bequem erreichen können.

Die Oper, die leider keine abendliche Ballettvorführung anbietet, die wir so gern gesehen hätten.

Das Rathaus, über das es nichts zu erzählen gibt, als das es ein monumentales ist.

Japan Town, im Verhältnis zu China Town völlig zurückgenommen, über mehrere Blocks ausgedehnt, fast eigene Stadt zu nennen, unsere erste Japanerfahrung oder so etwas ähnliches,

jedenfalls mit vielen, meist käuflichen, „japanesischen“ Errungenschaften, die den hier lebenden Japanern so etwas wie ein „Zuhause“gefühl bietet.

Die aus dem unverwüstlichen Holz der Mammutbäume gebauten berühmten „Painted Sisters“ am Alamo Square.

Diese sieben Kunstwerke viktorianischer Baukunst oder anders ausgedrückt, kleine, dicht an dicht aneinander geschmiegte, ewig jung wirkende, verwinkelte Spielstätten begabter Holz-Baumeister des 19. Jahrhunderts, die geschmackvoll angestrichen, niemals ihre erstaunende Wirkung auf die sie bewundernden Menschen verlieren werden.

Den Union Square mitten in Downtown, einen quirligen Park mit verführerischen Geschäften ringsherum.

Und dann:
Dieser sich bestens vermarktende, heute immer noch, man muss schon die Nase richtig in den Wind hängen, Marihuana geschwängerte Stadtteil Haight Ashbury.

Er ist, nur dadurch, dass es ihn so gibt, wie er ist, ein musealer Erinnerungspfad an die US-amerikanische Version der 68er Bewegung mit seinen weltberühmten, von Vielen hier immer noch gelebten Grenzüberschreitungen bis dahin gültiger „gut“bürgerlicher Zwangsstrukturen,

in dem ich vergeblich die 28, Barbary Lane aus den herrlich lebendigen „Stadtgeschichten“ von Armistead Maupin suche.

Weder die Straße geschweige denn das Haus, das ich so gern wieder erkennen würde, kann ich entdecken.

Wahrscheinlich gibt es sie gar nicht oder nicht mehr… Wie schade, denn die Figuren Mary Ann, die „Mama-Papa“ und Vermieterin Mrs. Madrigal, Mona und der herrliche Michael sind mir schon richtig ans Herz gewachsen.

Im Übrigen gibt’s ja noch ’nen dritten Band, und danke, liebe Britta, lieber Hartmut, für den Tipp, das Ausleihen und das Geschenk zum Kauf dieser Bücher. (Schon meine zweite „Eintauchgelegenheit“, den Besuch einer amerikanischen Großstadt mit eurer Anregung aus der reinen Fantasie über einen Roman wirklichkeitsnäher werden zu lassen oder ihn historisch zu vervollkommnen)

Als Entschädigung dafür finden wir aber diesen fantastischen, fast versnobten Lebensmitteltempel „Haight Street Market“ mit kunstvoll präsentierter Organic Food, deren Preise uns nicht davon abhalten, uns ehrfürchtig wunderbar frische Sandwiches „individueller Bauart“ natürlich aus Sourdough, dem seit mehr als hundert Jahren für San Francisco typischen Sauerteig, zu kaufen.

…Um sie dann, im Preis inbegriffen, auf der Straßensitzgelegenheit zu verspeisen und „Sehen und Gesehen zu werden“!

Ringsherum dieses vermieft-alternative „Kleinstadtmilieu“ ähnlich wie in Kreuzberg, Friedrichshain und Oranienstraße in Berlin-Mitte…

Getoppt wird das Ganze noch durch die, die Häuser scheinbar zusammenhaltende Oberleitung der Elektrobusse,

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die kindliche Erinnerungen von „Wellensiek“ und „Heepen“ hochkommen lässt. -Bielefelder O-Busfahrten…

Diese Stadt hat etwas Besonderes…,
die Menschen wollten diese Hügel wohl unbedingt bebauen, ohne wenn und aber.

Es muss Gründe dafür geben, dass selbst die ständige Gefahr eines Erdbebens sie nicht davon abhält, hierher zu ziehen und hier zu leben.

Es muss zumindest dieses innen drin wunderbar zufrieden stimmende, den Körper irgendwie in Einklang mit sich selbst bringende Klima, in dem es nur milde Frühlinge, wärmere, aber nicht brütend heiße Sommer und angenehme Herbste, gibt.

Es ist bestimmt aber auch dieser unverwechselbare Mix von Menschen, die sich unabhängig fühlen und sich offensichtlich sehr hierhin gezogen fühlen und sich unserer Empfindung nach stärker als anderswo gegenseitige Anerkennung und Unterstützung gewähren.
Was sollen wir sagen, es gefällt uns sehr… Jedenfalls, das steht fest,

so viele Häuser, sich aneinander festhaltend an unverwechselbaren steilen Straßen haben wir noch nirgendwo sonst auf der Welt gesehen.

…und auch nicht davon gehört, dass es woanders ein „Knöllchen“ dafür gibt, wenn beim Parken der Autos am Berg die Räder nicht gegen die Bordsteinkante „eingeschlagen“ werden.

Wie gern würden wir am Ende unseres Besuches sagen können, wir hätten die Geheimnisse San Franciscos lüften können…

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Donnerstag, 31. März 2016

Genau deshalb muss es noch einmal sein…
Wir lassen uns noch einmal in die Stadt „fallen“ und haben, weil wir es schon kommen sahen, bereits vor zweiten Tagen eine weitere Übernachtung unter Inkaufnahme einer noch teureren „Oceanview site“ eingekauft und den Platz gewechselt.

Unser erstes Projekt heißt heute natürlich Golden Gate Bridge, dieses würdevolle Ereignis darf nicht fehlen.

Wir erreichen sie mit Linie 28 MUNI Bus und begrüßt uns, mit den Händen zu greifen, unter blauem Himmel in „bullenrot“ wie neu,

weil sie permanent von dem sie bedrohenden Rost befreit und frisch angestrichen wird und auf die wir uns für die Drüberfahrt schon einmal mental vorbereiten wollen.

Fast drei Kilometer Straße in fast 70 m Wahnsinnshöhe über diese wunderbare, heute nicht nebelverhangene, präsentable Bay.
Auf der der Brücke abgewandten, hinter uns liegenden Seite, San Francisco mit Alcatraz…

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Autos, in Hunderten gleichzeitig zu zählen, pro Tag sollen es durchschnittlich hundertzwanzigtausend sein, wechseln mit ohrenbetäubendem Lärm in beiden Richtungen über die stählernen Dehnungsfugen der sechs Fahrbahnen.

Tack, Tack,….Tack,…Tack, Tack

Liebevoll ausgestellte Modelle zeigen Kindern und auch uns, wie der Baumeister sich die Konstruktion im Kleinen so gedacht hat, welche Kräften, bei welchen Spannweiten zwischen den Pylonen sich am günstigsten auf die Drahtseile auswirken.

Vero und ich können die Kameras nicht stillhalten, bis wir uns trennen und ich mich traue, allein einen der ganz außen am Rand angebrachten Fußgängerwege zu betreten und wo andere zu Hunderten auch gehen, kann es ja nicht so schlimm sein.

Überwältigend!
Nach sich vor Aufregung und Staunen ziemlich dehnenden Minuten erreiche ich den ersten der sich nach oben 160 m in die Höhe reckenden Pylone. Es reicht…
Ich halte es zwar ganz gut aus hier zu laufen, aber wenn ich noch mehreren von diesen krampfhaft nach unten schauenden, Atem anhaltenden, Menschen begegne, wird es mir wahrscheinlich schon bei deren Anblick auch schwindelig.

Die 28 bringt uns weg von der Brücke, diesem technischen Weltwunder, wieder der Stadt näher, direkt zum Pier 39

mit den berühmten Seelöwen, die alle in einer „Mietwohnung“, den für sie extra verankerten Pontons im Hafen, über- und untereinander wohnen, dicht an dicht, obwohl ganze Pontons gänzlich leer sind.

Fisherman’s Wharf…

Im Grunde genommen ist diese Riesenpier erste Adresse für Glutamat gewohnte Massen von San Francisco Touristen.

Eine riesige Mall „auf Stelzen“ mit inzwischen auf mehrere Blocks ausgedehnten Stores mit Karussells, Live Music, Geschäften aller Art…

Gleichzeitig finden wir viele Burger-, Seafood- und Lifestylerestaurants, für jedes Portemonnaie und jede Körperform mehrere, kannste echt nicht verhungern.

Mir sticht von den verschiedensten Klottenläden einer in die Augen, der hinterher um zwei T-Shirts ärmer ist,

bevor wir uns hier dann doch ziemlich schnell verabschieden.

Noch einmal auf die Hügel wagen…
Ein relativ kurzer Fußweg und ein Restsprint sichert uns, was ein Wunder bei diesen vielen Menschen, die mit der Cable Car fahren möchten, an der Endstation Bay Ecke Taylor einen Platz auf einer dieser „Bähnlein“ Richtung Market, die einzigartig bergauf und -ab die ganze Innenstadt durchquert.

Man kann bei genauem Hinhören das Kabel, in der Straße verlegt, vor sich hin brummend, wahrnehmen. Ein wie dem letzten Jahrhundert entsprungener Fahrer bewegt gekonnt zwei riesige metallene Hebel, offensichtlich je einen für „Auf geht’s“ und Bremse!

Letztere scheint uns besonders wichtig zu sein, denn dass der Wagen sich in ein Kabel irgendwie einklinkt, kann ich noch verstehen, aber das Prinzip des Abstoppens erschließt sich uns „Technikunwissenden“ nur über einen Blick ins Internet.

Diese Bahn passt hier wunderbar hin, denn die innerstädtischen Hügel haben atemberaubende Steige- und Gefällgrade, nur unterbrochen von waagerecht eingebauten Straßenkreuzungen.

Wenn „Sie“ kommt, denn ihre Haltestellen liegen immer mitten auf diesen Kreuzungen, dann ruht der übrige Verkehr vollkommen. Ein respektabler Umgang miteinander.

Wer San Francisco kennt, der weiß, wir mussten wieder mit O-Bus und Bus zurück, um die kurvenreichste Straße der Stadt, Lombard St.  zu sehen. Wahnsinnig, ich glaube, wir sind heute mindestens 10 mal umgestiegen, von Linie zu Linie, von Tram auf Bus auf O-Bus…

Autos dürfen schon unterhalb dieser Straße nur im Winkel von 90° zum Berg hin parken, die Straße ist unfassbar steil, wird immer steiler und wir erreichen ziemlich schnaubend die Höhe.

Die Lombard kommt mir vor wie eine Riesenrutsche für kleine Jungs in ihren im ersten Gang in Schlange hinab bremsenden Autos.

Vero freut sich sichtlich, dass diese Achterbahn für Wohnmobile gesperrt ist und ich damit gar nicht erst auf dumme Gedanken kommen kann.

Nach all diesen Verrücktheiten dieser einmaligen Stadt gehen wir zum Normalen über und das heißt zu guter Letzt, noch mal mit Bus 39 zum Union Square zu „Victoria’s Secret“ und „Merrell“.

Im Gegensatz zu Vero finde ich aber nichts, leider keine Schuhe, die mir gefallen. What shall’s…

Das isses.
San Francisco im Inneren, will heißen bei Nacht, in Bars, Clubs, Konzerthallen, ist leider nicht gewesen. Dafür hätten wir ein Hotelzimmer in Downtown nehmen müssen, um spät abends oder nachts noch ins eigene Bett zu kommen.
So finden die Nächte San Franciscos letztlich ohne uns statt.

Und überhaupt ist San Francisco jetzt wieder ohne uns…


…and the spring has arrived in Germany?
We wish you a sunny weekend!

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