Freitag, 13. Mai 2016
Wir befinden uns in Utah und unsere Reise führt uns nach Norden, ganz grob zwischen Pacific und Rocky Mountains Richtung Salt Lake City.
Entlang der von Süd nach Nord verlaufenden Interstate 15 bringen uns zu den kleinen Dörfern führende Backroads im Rhythmus links – rechts – links – rechts, also immer wieder im 90° Winkel abbiegend, langsam und gemütlich, mit interessanten Ausblicken auf das Leben der Menschen dort, zum Beaver Canyon Campground in, eben Beaver City, UT.
Es fühlt sich so an, als hätten wir inzwischen das „Hinterzimmer“ der USA erreicht.
Also von Osten aus gesehen „achter de Berge“…
Das äußert sich zum Beispiel in Form von „Kleinstnestern“ vor schneebedeckten Berggipfeln und Rinderweiden vor Bergketten, die romantisch auf sich aufmerksam machen.
Als wir ankommen, gefällt uns der in Eigenbauweise „zusammengefriemelte“ Platz mit seiner farbenfrohen Ausstrahlung sehr.
Er zeigt sich so, ein bisschen verwuselt, wie es den Menschen hier offensichtlich gefällt.
Ist alles nicht so clean und keimfrei, wie wir es schon in anderen Gegenden einatmen konnten.
Den Tip des Camphost, dass es direkt auf dem Platz ein kleines mexikanisches Restaurant mit dem wunderschönen Namen „Maria’s Cochina“ gibt, lässt uns das Wasser im Mund zusammen laufen. Wir lassen unsere eigene Küche heute kalt und sind auf dem Weg…
Der Tipp unseres Nachbarn: Mexikanisches Hühnchen in einer „spicy“ Sauce und gebratenes Schweinefleisch mit Weißkohlgemüse.
Jau, kann man essen… Die Portionen sind so riesig, dass das berühmte „doggy bag“ zum Einsatz kommt.
Samstag, 14. Mai 2016
Wir wollen doch keine Berge…
Keine Panik! Es geht nur parallel zu den großen Höhen immer weiter auf letztlich 1380 m Höhe.
Inzwischen hat Vero herausgefunden, wie und von wo wir am besten nach Salt Lake City kommen, ohne das Auto mit in die Stadt nehmen zu müssen.
Deshalb landen wir für heute in Provo. Ein typischer „Vorort“. Er liegt auch „nur“ 80 km vor der Großstadt.
Es hat einen Campground „Lakeside RV Park“, auf dem wir uns für drei Tage häuslich einrichten und es hat einen Bahnhof, von dem aus Schnellzüge, in erster Linie für Pendler, einmal die Stunde nach Salt Lake City und zurück fahren.
Der dafür direkt am Bahnsteig liegende Parkplatz ist für unsere Wohnung bestens geeignet.
„Sie“ steht gefühlsmäßig sicher und wir können die für hiesige Verhältnisse kurze Entfernung in einer Stunde in die Großstadt und wieder zurück gemütlich im Internet surfend schaffen.
Staunen nicht schlecht, dass dieses Ticket für $ 6.50 pro Person auch noch für Straßenbahnen und Busse in der Stadt gilt.
Von der Centralstation zum heimlichen Mittelpunkt der Stadt, dem „Temple District“ sind es nur fünf Stationen, die uns aber schon von der Straßenbahn aus erkennen lassen, dass es hier unterschiedlich „angesagte“ Stadtbezirke gibt.
Solche, in denen die Bevölkerung durch kirchliche „Suppenküchen“ versorgt wird und andere, in denen sich die Menschen vegetarisch oder vegan in besten „Organicfood-Restaurants“ verwöhnen lassen.
Fast erwartet, die „Dunkel-Anzüge“: Makelloser Haarschnitt, mit weißen Hemden und schwarzen Rucksäcken, auch Mormonen genannt, die wir schon als Missionare von unseren Haustüren in Deutschland her kennen.
Hier in Salt Lake City sind sie zu Hause.
Die Gebäude des Districts „der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage“ sind, bis auf den großen Tempel, zur Besichtigung freigegeben und die jungen Frauen in den Visitor-Centern, auch deutschsprachige, zeigen sehr diszipliniert ihr äußerst zurückhaltendes aber strahlendes Glaubensglück.
Selbstverständlich bekommen wir ihre Bibel, auch in deutscher Sprache, geschenkt.
Und die Geschichte der „Vielweiberei“, die ihrer Religion immer vorgehalten wird? Diese Zeit sei schon lange vorbei. Sie argumentieren rational: Weil der Nachwuchs ihrer Kirche heutzutage in ausreichendem Maß sicher gestellt sei.
Es gibt in dem weitläufiger District auch ein Zentrum für „Familiengeschichte“, in dem sich alle BesucherInnen nach den eigenen Vorfahren erkundigen können. Natürlich bekommt man aus der riesigen Dateibank nur Informationen zurück, wenn man seine eigenen so genau wie möglich eingibt…
Das wollen wir nun doch nicht.
Und im Tabernacle ist das Konzert leider gerade vorbei…
Sehen die Menschen hier eigentlich anders aus?
Jein – sie sind, wie überall hier – verschiedener Hautfarbe und Kultur- oder Erdteilzugehörigkeit, aber sie sind deutlich „seriöser“ gekleidet, sprich weniger modisch und weniger freizügig.
Sieht die Stadt anders aus?
Jein – sie hat, wie alle US-Großstädte, die gleichen Fassaden und die gleichen Bank- und Fastfoodfilialen, aber der Umgang mit dem Konsum scheint deutlich verhaltener zu sein.
Die Innenstadt- sie wirkt mit den Tempelbezirksstraßen und Fußgängerwegen wie verschmolzen, vermittelt den Eindruck zurückhaltender Öffentlichkeit, längst nicht so schreiend und animierend, irgendwie eben wie: dunkler Anzug, weißes Hemd und schwarzer Rucksack – wer kennt schon den Inhalt wirklich?
Die Sicherheitskräfte geben freundlichst und gern Auskunft über gute Restaurants und bitten um Rückmeldung, wie es uns geschmeckt hat. Und selbstverständlich können wir gern ein Foto mit ihnen machen.
OK, ist ganz nett dieses Städtchen mit 650.000 Einwohnern, aber sich frei fühlen, geht anders…
Sonntag und Montag, 15./16. Mai 2016
Wir nehmen uns zwei schöne „Lebenstage“ in Provo mit Lesen, Quilten, Nähen, Schreiben.
Dienstag, 17. Mai 2016
Es bleibt uns nichts anderes übrig. Irgendwie müssen wir über die Berge: Wir wählen von Provo aus den kurzen Weg über den Hwy 189 Richtung Nordosten.
Das spart uns 90 km.
Alles auf angstmachende Stellen hin überprüft und für gut befunden. Aber immerhin überwinden wir in diesen Stunden weitere 2000 Höhenmeter…
Dass die Interstate 80 längere Zeit von Utah in Richtung Osten, sprich nach Wyoming auf einer Höhe von mehr als 3200! Metern über NN verläuft, merken wir nur daran, dass der Dieselmotor sich leistungsmäßig der dünnen Luft anpasst.
Ansonsten ist von Steigungen nicht viel zu spüren.
Das „Gelände“ hat sich für uns fast unmerklich auf mehr als durchschnittliche alpine Höhen gesteigert und zieht sich nun für mehrere Stunden Fahrt so dahin.
Naja, runter geht’s dann doch schneller.
Pause!!!
Den nächsten Ort wollen wir unbedingt sehen, er ist für uns ein MUSS und liegt immer noch auf einer Höhe von 2035 m.
Fort Bridger hat sich in mein Gedächtnis eingebrannt, weil ich noch zu Beginn unserer Reise über den Gründer dieser historischen Stätte, Jim Bridger den Mountainman, eine bewegende Biografie gelesen habe und von daher weiß, welch wichtige Rolle er bei der Bewegung der Auswanderer von Ost nach West als „Kundiger“ und „Moderator“ zwischen den First Nations und den „Neusiedlern“ gespielt hat.
Hier trennten sich die Trecks gen Süden Richtung California, gen Westen Richtung Utah und gen Norden Richtung Oregon.
Wir erfahren, dass hier noch vor einer Woche viel Schnee gelegen hat und erleben gerade den „frischesten“ Frühling, den man sich vorstellen kann.
…and hey all friends at home, we like the Gomez-Goal very much!!!
Hallo Vero, hallo Reiner,
Anja und ich haben soeben festgestellt, dass Reisen Euch gut tut! (Uns übrigens auch.)
Ihr seht momentan bedeutend jünger aus als bei Eurer Abreise. Wenn das so weitergeht werden wir Euch bald nicht wiedererkennen!! Das könnt ihr nicht wollen!
Die rocky mountains sehen ein bisschen aus wie der Schwarzwald, also ein ganz ganz kleines bisschen! Im Schwarzwald waren wir ja gerade. Das Essen und die Leute sind da genauso wie in Utah: gut und nett. Verfolgt in USA eigentlich irgendjemand die Fußball-EM? Weiß überhaupt jemand, dass es die gibt? Dass es Fußball gibt?
Bis bald
Anja und Dietrich
Liebe Anja, lieber Didi,
freuen uns total über Eure Eindrücke und darüber, dass auch Ihr gut unterwegs seid.
Wir sind von der „gut tuenden“ Wirkung unserer Reise überzeugt und freuen uns jeden Tag über unsere Erfahrungen, Begegnungen, Überraschungen, Empfindungen und ganz einfach darüber, dass wir „es machen“!
Liebe Grüße nach OWL
Vero & Reiner