Mississippi Blues…

Wir verabschieden uns nach unseren Wind- und Regeneskapaden des gestrigen Tages und der Nacht endgültig vom Fort Pickens Campground in Pensacola Beach, FL

und überqueren heute ohne Probleme die riesigen Brückenbauwerke, die uns aufs Festland zurückbringen.

Vero findet heraus, das das Naval Aviation Museum in Pensacola  einen Besuch wert ist. Die Geschichte amerikanischer Militärflugzeuge der letzten 100 Jahre soll hier an Originalen gut nachvollziehbar sein. Die berühmte US-Kunstflugstaffel „Blue Angels“ hat ebenfalls hier ihre Homebase.

Am Wachposten der riesigen Militäranlage, des Flugplatzes und des Museums angekommen, erfahren wir jedoch, dass wir nicht hinein dürfen:
Der Überfall eines Attentäters aus Saudi-Arabien im Dezember 2019 auf diese militärische Anlage hat die Air Force dazu veranlasst, das Museum für mindestens ein Jahr nur für Inhaber*innen im Besitz einer speziellen US ID-Card zu öffnen.

Nach diesem Flop erreichen wir schon einige Stunden früher

Fr., 07.02.2020            Big Lagoon State Park, Pensacola FL
15/5°C, bewölkt

Der Regen ist wohl gestern auch hier durchgezogen.  Die Pfützen trocknen jetzt, kräftig unterstützt durch die Sonne, langsam wieder ab und der Boden geht auf unserer extrem schiefen Site #15 von schlammig zu sandig über.
Am Rand des Platzes längsseits eingeparkt und gelevelt werden wir auch heute Nacht gut schlafen.

Dieser State Park gefällt uns zwar auch ganz gut, aber wir sind von unserer bisherigen Auswahl der Strände und der Nähe des Meeres von Florida State Parks so sehr verwöhnt, dass Big Lagoon nicht mithalten kann. Ist ja nur für eine Nacht…

Während unserer weiteren Fahrt verlassen wir nach DREI Monaten! Florida heute am Samstag, den 8. Februar endgültig und bemerken es kaum, dass wir schon längst in Alabama angekommen sind…

Ein im Nachhinein bemerkenswerter Verlauf unserer Reise!
Vielleicht nach mehr als fünf Jahren „Nomadentum“ ein erster Hinweis auf ein aufkeimendes „Sesshaftigkeitsbedürfnis“?

Die State Line verläuft fast unmerklich so, dass Florida sich noch ein Stück der wertvollen Strandküste nach Westen gesichert hat, wo sich im Norden weiter östlich schon längst Alabama breit macht. Der alabamische Küstenstreifen ist nur gute 50 Kilometer breit. Uns kommt es so vor, als hätte sich Alabama noch just so zwischen Florida und Mississippi an das Wasser und den Strand des Golf von Mexicos gedrängelt.

Die Dichte der Bebauung an der attraktiven Strandseite hat wahrnehmbar zugenommen. Dabei fällt uns die sehr unterschiedliche Qualität der individuellen Besitzverhältnisse schon auf:

Diverse Strandvillen auf großzügigen privaten Wassergrundstücken mit privaten Schiffsanlegestellen, nicht nur einfache Bootsstege, zeigen ganz offensichtlichen Reichtum.
Dann folgt eine kilometerlange Ansammlung von zwanzig- bis dreißigstöckigen Hotels und Appartment-Hochhäusern mit viel Glas, sich spiegelnden Fassaden, raffinierten Formen und vor allem Balkonen mit „Mehrblick“….

Durch die Anzahl der Stockwerke schaffen Investoren und Tourismus-Konzerne so „Betten“ in unendlicher Zahl in die Höhe und „versorgen“ auf der gegenüber liegenden, landeinwärtigen Seite der Straße ihre zahlenden Gäste gleichzeitig in bunten, immer gleichen Freizeitartikelgeschäften und Abenteuerspielflächen für Kinder und Klein gebliebene, hier Outdoor Stores und Adventure Islands genannt, mit Konsum orientiertem Zeitvertreib.

Wenn wir uns die Frage stellen, wo geht’s denn hier zum Meer?, dann wissen wir inzwischen, dass kann nur Orange Beach, AL sein.

Unsere Gedanken gehen spätestens hier quasi automatisch zu Joanne und Ted aus Paisley, Ontario CAN, die wir hier nebenan während unserer ersten beiden Reisen zweimal im Alabama Gulf State Park besucht haben:

Auf diesem Weg grüßen wir Euch herzlich und wünschen, dass es Euch gut geht! Es war sehr schön mit Euch!

Jetzt wollen wir allerdings raus aus dem kühlen Golfwetter und reisen deshalb dieses Mal ohne Übernachtung in Eurer Nähe vorbei, weiter Richtung Nordwesten nach Mississippi...

Wir lassen zwecks Zeitersparnis jetzt die Bay of Mobile nördlich liegen und begeben uns auf die Lagune, wo sich 20 Kilometer lang die Fort Morgan Road hinzieht. Eine herrliche Strecke!
Unser Ziel ist nämlich die Fähre von Fort Morgan AL rüber nach Dauphin Island AL. Dadurch erreichen wir, so jedenfalls der Plan, eine Streckenverkürzung nach Mississippi von insgesamt ca. 120 Kilometern!

Wir stehen pünktlich eine halbe Stunde vor Abfahrt der Fähre in der Ferry Lane . Es ist alles gut oder?

Wir könnten es besser gewusst haben, wenn wir die Dame am Fahrkartenschalter ernst genommen hätten, die uns darauf hinweist, dass der Kapitän das letzte Wort hätte zu entscheiden, ob er uns mit unserem Wohnmobil an Bord nehmen würde oder nicht!!!

Lange Rede kürzester Sinn: „Bei Niedrigwasser wie heute kann ich sie nicht mitnehmen. Das Risiko, dass ihr RV an der Rampe hinten aufsetzt, ist mir zu groß“!
Er hat es nicht mal gesehen!!!

Und Tschüss! Da hilft alles Reden nichts, er hat längst aufgelegt und mein Argument: „Wir sind schon zweimal mit Ihrer Fähre rüber gekommen“ verhallt in der Leere der stummen Telefonleitung!

Es bleibt uns nichts anderes übrig, als die Fort Morgan Road wieder zurück zu fahren und dann über Mobile AL unsere Reise fortzusetzen.

08. – 12.02.    Emmaus Motor Coach & RV Park, Summerdale AL

In Summerdale AL ist meine miese Laune wegen des Umweges (bis zu unserem nächsten Ziel nach Natchez MS sind es zusätzliche 120 Kilometer) schon wieder „Schnee von gestern“.

Unser heutiger Übernachtungsplatz sieht gut aus. Da wo sich ganze Familien aus Michigan und Texas zum Überwintern niederlassen, kann es so schlecht ja nicht sein. Wenn nur das Wetter mitspielen würde:

Immer wieder bekommen wir angesagt, dass es ab heute Mittag oder Nachmittag oder zumindest ab heute Abend, bald jedenfalls, tagelang regnen soll…
Also bleiben wir eine weitere und noch eine weitere Nacht…

So werden insgesamt 4 Tage und Nächte daraus, zwar mit ein paar Tropfen Regen, aber nicht wirklich mit Dauerregen, wie eigentlich vorhergesagt…

Als wir uns dann letztlich nicht mehr von welchem Wetterdienst auch immer weiter irritieren lassen, erkennen wir im Nieselregen und im aufkommenden Nebel im Hafen von Mobile AL die „USS Alabama“, Zerstörer, Schlachtschiff oder was auch immer…
Jedenfalls ein Ungetüm besonderen Ausmaßes!
Der alte Kampfjet, mal soeben auf eine Betonplattform mit dem Hinweis: „Schlachtschiff-Gedenkpark“ gehoben, zeigt die für uns sehr ungewohnte nationale Hervorhebung des Militärs.

Von Mobile Downtown bekommen wir nicht viel mit, entweder verschwinden wir unter die Erde durch den Tunnel oder der Nebel verschluckt die im „Mardi Gras“-Fieber befindliche Stadt…
Wir sind jedenfalls froh, dass wir den Tunnel unter dem Mobile River hindurch mit 30 cm Luft über unserem Dach und Downtown Mobile ohne Probleme hinter uns gebracht haben.

12. – 14.02.    Magnolia Sands RV Park, Wiggins MS

Der Staat Mississippi zeigt sich uns während unserer Weiterfahrt von seiner schönsten Seite! Im positiven Sinn provinziell. Wir genießen die Stille, die Landstraßen ohne Verkehr, die Unaufgeregtheit,…

und unseren nächsten Campground, das Kleinod mit dem blumigen Namen: Magnolia Sands! – Magnoliensand!

Es ist nicht einfach, die Sprache der hier lebenden Menschen, zum Beispiel die der Inhaber des Campingplatzes zu verstehen. Ein Paar, das offiziell schon längst in Rente gegangen sein will und ihre Farm auch schon an ihren Sohn weiter gegeben hat, sich aber nicht von ihrem Hobby, dem Campingplatz trennen kann. Die geliebte Arbeit und damit verbunden verschiedene Projekte für die Zukunft, wie die Verbesserung der Wasserversorgung, sind ihr Lebenselixier. Sie kümmern sich gern um ihre Gäste, aber selbst zu reisen kommt ihnen nicht in den Sinn…
Das alles erfahre ich im Gespräch mit ihnen in ihrem kleinen Office, das auf mich eher den Eindruck eines kleinen ewigen Wohnzimmers hinterlässt…

Durch viele kleine „Nester“ kurvend…  

…erreichen wir nach zwei ruhigen Tagen schließlich den tief im Wald liegenden Natchez State Park, ungefähr 20 Kilometer vor den Toren der gleichnamigen Stadt mit ausgesprochen historisch ungebrochener Struktur.

Freitag, 14. – Sonntag, 16.02. Natchez State Park MS

Am Samstagmorgen packen wir unsere „Siebensachen“ zusammen, die Site im State Park bleibt reserviert und wir parken unseren Wagen vor dem Visitor Center der Stadt:

Lassen Natchez MS auf uns wirken:

Zweifelsohne gibt es in ihr einige wunderschöne, stattliche oder besser gesagt, im wahrsten Sinne des Wortes herrschaftliche Häuser, die Rückschlüsse auf den vormaligen Reichtum einiger wirtschaftlich sehr erfolgreichen Weißen zulassen. Gleichzeitig aber wohl auch auf die damit verbundene Unterdrückung und Versklavung vieler afro-amerikanischer Menschen. Nach dem Census von 2010 hat der Staat Mississippi noch heute mit 37,5% den höchsten Anteil schwarzer Bevölkerung aller US-Staaten.

Wir können nicht erkennen, wohin sich die Stadt in der Zukunft weiter entwickeln wird.
Allein durch die Schönheiten der Vergangenheit und der damit verbundenen, vielfältigen und liebevoll erhaltenen Gebäudestruktur wird sie zumindest als zukünftige „Museumsstadt“ Bedeutung behalten.

Der Mississippi River jedoch bleibt sowohl der Stadt als auch zwei sehnsüchtigen Touristen aus Deutschland.

Video:

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A beautiful day…

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